Die Runenlehre der Goden
Vom Gebrauch der Runen
1
Siegrunen lerne,
willst du Sieg haben!
Auf den Schwertknauf
schneide sie,
auf die Blutrinne
und des Rückens Breite
und ruf zweimal zu Tyr!
2
Älrunen lerne,
soll eines andern Weib
nicht trügen dein Vertraun!
Aufs Horn soll man sie ritzen
und auf den Handrücken
und ziehn auf dem Nagel "Not".
3
Den Becher soll man segnen
und vor Bösem sich schirmen,
werfen Lauch in den Labetrank;
dann bin ich gewiss;
dass Böses dir nicht
gemischt wird in den Met.
4
Gebärrunen brauche;
willst zur Geburt du helfen,
lösen das Kind von der Kreissenden!
Auf die Hand soll man sie graben
und um die Glieder sie spannen;
bei den Disen Gedeihn erflehn.
5
Braundungsrunen brauche,
wenn du bergen willst
auf der Fahrt das Flutenross!
Man brennt sie auf den Steven
und auf des Steuers Blatt
und ritzt auf die Ruder sie.
Nicht ist so schwer die Brandung
noch so schwarz die Woge:
zum Hafen kommst du heil.
6
Astrunen lerne,
wenn ein Arzt du sein
und Krankheit erkennen wilst!
Man ritzt sie auf die Borke
und des Baumes Gezweig,
der ostwärts die Äste streckt.
7
Rederunen lerne,
soll kein Recke ein Leid
grimmig vergelten dir!
...
8
Denkrunen lerne,
soll der Degen keiner
deinen Verstand bestehen!
...
9
Das sind Buchenrunen
das sind Gebärrunen
und alle Älrunen
und köstliche Kraftrunen
dem, der sie unversehrt
und unverstört
sich zum Heil behält.
Nützt es, vernahmst du's
bis die Götter vergehn!
(Die Edda, Felix Genzmer, 2011, Diederichs Verlag, S. 204 f.)